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Was die Energiewende jetzt braucht: Netze, Speicher und digitale Lösungen

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Das nächste Level der Energiewende

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat die 50 Prozent Marke überschritten. In den kommenden Jahren bis 2030 werden aller Voraussicht nach mehr als 70 Prozent fluktuierender Energie installiert sein. Für das Energiesystem bedeutet es neue Herausforderungen, wenn die nächste Phase der Energiewende eingeleitet wird. Längst geht es bei der Energiewende nicht mehr nur um den Aufbau von weiteren erneuerbaren Erzeugungskapazitäten. Denn Erzeugung, Verteilung oder Handel funktionieren bei den Erneuerbaren nach anderen Prinzipien. Der erneuerbar erzeugte Strom kann daher auch nicht in einfach in das bestehende Energiesystem gepresst werden. Es braucht an vielen Stellen Anpassungen sowie vollkommen neue Mechanismen, Anlagentechnik, Handelsplattformen und vor allem veränderte Blickweisen.  

Energiemanagement und Flexibilität sind zentrale Bausteine

So bedürfen die Vielzahl an kleinen und mittleren sowie großen erneuerbaren Erzeugungsanlagen eines Energiemanagements, der sich elementar von dem großer zentraler Kraftwerksanlagen unterscheidet. Viele Anlagen gebündelt als sogenannte „Virtuelle Kraftwerke“ können jedoch gemeinsam Leistung erbringen, wie größere Kraftwerksparks. Ihre Energie kann nicht nur durch digitale Technik flexibel gesteuert werden. Virtuelle Kraftwerke ermöglichen auch Zugänge zum Strommarkt und zum Handel von Strom an den Strombörsen. Darüber hinaus sind sie wichtig, um Systemdienstleistungen zu erbringen. Diese werden gebraucht, damit Netze stabil sind und es zu keinen Ausfällen kommt. Denn für eine robuste und verlässliche Energieversorgung müssen auch die Erneuerbaren sorgen, wenn sie künftig fossil betriebene Kraftwerke ersetzen sollen.

Energiemanagement und Flexibilität sind somit zentrale Bausteine, wenn die Energiewende ins nächste Level startet.

Das Energiesystem wird kleinteiliger

Netze und Speicher sind weitere Parameter, um das next level der Energiewende zu erreichen. Da das Stromsstem aus einer Vielzahl kleinerer, mittlerer und größerer Anlagen besteht und Strom eher vor Ort als über weite Strecken hinweg verbraucht wird. Damit gewinnt das Nieder- und Mittelspannungsnetz an Bedeutung. Der Strom wird zu den vielen Verbrauchern und Verbrauchspunkten transportiert. Deren Anzahl steigt aufgrund von Ladestationen, Wallboxen, Wärmepumpen oder auch Rechenzentren und vielen weiteren elektrischen Verbrauchern. Denn die Digitalisierung benötigt ebenfalls Strom, sogar sehr viel Strom. 

Zugleich weitet sich das Einsatzfeld der Energiewirtschaft weiter aus. Zu den Anlagen, Netzen, Speichern, Management, Handel und Vertrieb kommen neue Bereiche hinzu. Denn es betrifft Gebäude und damit die Immobilienwirtschaft, wie auch den Verkehrssektor und die Industrie. Immer mehr branchenübergreifende Lösungen sind gefragt. Dementsprechend müssen auch Regulierungen über Branchengrenzen hinweg zusammengeführt werden, während sich die Energiewirtschaft selbst weiter transformiert. Digitale Technologien helfen dabei, denn sie vernetzen alle Bereiche miteinander. So hilft Sensorik und IoT im Zusammenspiel mit KI dabei, Daten zu erfassen, Prozesse zu durchleuchten und zu optimieren. Digitale Zwillinge schaffen digitale Abbilder von Stadtquartieren oder Anlagen und erleichtern  Planungsprozesse.   

Aussteller präsentierten ihre Lösungen auf der E-world energy & water 2025

Auf der E-world energy & water 2025 präsentierten Aussteller Komponenten und Lösungen für die nächste Phase der Energiewende. Vor Ort gab es einiges zu entdecken. Eine Auswahl aus den Bereichen Speicher, Netze und digitale Lösungen stelle ich nun vor. Viele weitere Themen, die auf der Messe auf den vier Messe-Foren, in Side-Events und auf den Aussteller-Ständen besprochen wurden, bleiben an dieser Stelle außen vor. Dazu zählen beispielsweise die Themen Nachhaltigkeit, ESG-Berichte, Investments und Beteiligungen, Wasserstoff oder auch Vertriebslösungen und UX-Design. Ebenso außen vor bleiben an dieser Stelle Ladelösungen sowie Themen aus Forschung & Entwicklung. 

Fokus 1: Netze

Damit der Ausbau der erneuerbaren Energien vorankommt und Genehmigungen für neue Anlagen schneller erteilt werden können, wurde Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) novelliert. Die neue Regelung trat am 1. Januar 2024 in Kraft. Sie ermöglicht es Netzbetreibern bei drohenden Netzüberlastungen die Leistung steuerbarer Verbraucher vorübergehend zu reduzieren, allerdings nicht sie vollständig abzuschalten. Eine Mindestleistung muss gewährleistet sein. Zum Ausgleich sollen Betreiber von steuerbaren Verbrauchern von Netzentgelten entlastet werden. Steuerbare Verbraucher sind beispielsweise Wärmepumpen, Wallboxen und Batteriespeicher.
 
Eine Fernsteuerbarkeit wird über den Einsatz von Smart Metern bzw. Smart Meter Gateways und damit über einen intelligenten Messstellenbetrieb hergestellt. Allerdings betrifft diese Regelung nur alle neu installierten Anlagen, die nach Inkrafttreten der Regelung ans Netz angeschlossen werden sollen. Zudem hat die Regelung unmittelbare Auswirkungen auf die Netze und den Netz- und Messstellenbetrieb. Sie betrifft somit sowohl Energieversorger, Netz- und Messstellenbetreiber sowie die Hersteller und Verbraucher.  
Weitere Informationen zum Thema Paragraph 14a Energiewirtschaft findet ihr unter folgenden Links:
Mit der Neuregelung Paragraph 14a kann also der Netzbetreiber die Leistung zum Schutz der Netze vor Überlastung dimmen. Gleichzeitig steht der Netzbetreiber in der Pflicht, neue Anlagen „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern, an das Netz anzuschließen (Paragraph 8 EEG). Das soll die Anschlusszeiten ans Netz für neue EE-Anlagen verkürzen.
Hersteller und Lösungsanbieter präsentierten auf der E-world 2025 ihre Lösungen, mit denen die Netz- und Messstellenbetreiber den aktuellen gesetzlichen Anforderungen nachkommen können. Gleichzeitig geht es darum, das Netz zukunftsfit zu machen und Eingriffe auf ein Minimum zu reduzieren.
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Intelligente Netze, die Echtzeitinformationen zum Zustand der Niederspannungsnetze liefern, präsentierte Aussteller SMIGHT auf der E-world energy & water 2025 Foto: KR/technewable.com

Vorstellung Smight GRID2

Seine patentierte Lösung Smight GRID2 stellte die SMIGHT GmbH auf der E-world 2025 vor. Diese ermöglicht es Netzbetreibern mithilfe von Sensorik und IoT-Technologien Transparenz über den Zustand, die Auslastung und bestehende Defekte in ihrem Niederspannungsnetzen zu erlangen. Die Sensoren liefern Informationen über Strom und Spannung in den Ortsverteilnetzen und wo sich Belastungen verändern. Damit können Netzbetreiber gezielt eingreifen, da sie über Echtzeitinformationen mit geografischem Bezug verfügen. Die regelmäßigen Vor-Ort Einsätze zur manuellen Kontrolle des Zustands der Verteilnetze entfallen. Die Lösung setzt bei der Optimierung der Netzauslastung an und vereinfacht eine strategische Netzplanung mit Echtzeitdaten. Sie schafft die Voraussetzung dafür, den Aufgaben beim Lastmanagement nach Paragraph 14a EnWG nachzukommen.   
 
Weitere Lösungen stellten im Bereich steuerbare smarte Netze beispielsweise die Blindleister aus Berlin, SPiNE aus München, imovis GmbH aus Hamburg, Podero GmbH aus Wien, Plexigrid aus Stockholm oder Aidon Oy aus dem finnischen Jyväskylä vor.
 

Fokus 2: Speicher

Energiespeicher bilden das ausgleichende Pendant zu den fluktuierenden erneuerbaren Erzeugungsanlagen. Sie sind im Grunde das künftige Rückgrat der Energiewende. Steht weniger Energie zur Verfügung, als benötigt wird oder wird mehr Energie erzeugt, als die Netze vertragen und Verbraucher:innen abnehmen, sind Energiespeicher gefragt. Sie liefern entweder die zwischengespeicherte Energie an die Verbraucher oder nehmen Energie auf und speichern sie dann wieder bedarfsgerecht aus. Damit entlasten sie das Netz. Das ist soweit offenkundig.
 
Doch Energiespeicher und hier insbesondere flexibel steuerbare Stromspeicher können weit mehr als das. Sie stellen künftig ebenso netzdienliche Leistungen, sogenannte Systemdienstleistungen bereit und sorgen so für belastbare Netze. Darüber hinaus ermöglichen sie eine flexible Vermarktung des Stroms an Strombörsen und sorgen so für Einnahmeoptionen für Betreiber:innen und Energieversorger.

Vorstellung TESVOLT AG

Als einer der ersten Batteriehersteller Europas hat sich die TESVOLT AG auf Batteriespeicher für Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft spezialisiert. Ihre Stromspeicher auf Lithium-Ionen-Basis eignen sich für die Niederspannung ebenso wie für die Hochspannung. Ihre Speicher können an alle Erzeuger angeschlossen werden, wie PV-, Windkraft-, Wasserkraft-, Biogas-Anlagen oder Blockheizkraftwerke.
 
Die Kapazitätsspanne liegt zwischen 10 kWh und 30 MWh. Zudem arbeiten die Speicher On-Grid oder Off-Grid und sind somit für die verschiedensten Einsatzgebiete und Anwendungen geeignet. Nach Angaben von der TESVOLT AG haben sie bereits mehr als 5000 Projekte global realisiert. Anfang Februar  gab das Unternehmen bekannt, mit seiner Ausgründung TESVOLT Energy die Potenziale im Energiehandel zu erschließen. Denn auch hier haben sich regulatorische Änderungen ergeben. Sie ermöglichen die Teilnahme am Handel für Batteriespeicher ab einer Größe von 100 kWh. Damit kann der Strom aus Batteriespeichern lukrativ vermarktet werden. 

Viele weitere Aussteller präsentierten innovative Speicherlösungen oder gaben Vorträge auf den Foren. Dazu zählten u.a. die Unternehmen INGRID Capacity und FLOWER aus Schweden sowie das Aachener Unternehmen Voltfang GmbH. 

Fokus 3: Digitale Lösungen

Zu guter Letzt widmet sich der Beitrag den digitalen Lösungen. Sie sind das „Ohne wenn und Aber“ der Energiewende. Ohne IT sind die mannigfaltigen Aufgaben in der Wirtschaft allgemein und in der Energiewirtschaft im Besonderen schlichtweg nicht zu bewältigen. Darüber hinaus schaffen sie vollkommen neue Möglichkeiten für die einzelnen Bereiche, wie Vertrieb, Handel, Inbetriebnahme, Betrieb, Wartung, Personal, Finanzierung usw. Entscheidend hierbei ist, dass vernetzte und integrierte IT-Systeme entstehen. 

Für positive Kundenerlebnisse, eine verbesserte Kundenbindung und mehr Zufriedenheit sorgen beispielsweise nutzerfreundliche, UX-designte Kundenportale und Apps. Sie arbeiten systemvernetzt und integrieren Produkte und Anwendungen über Schnittstellen. Unternehmen können mit ihnen bestehende Umsatzpotenziale heben, sprich mehr Einnahmen generieren oder Kunden durch verbesserte Service-Angebote glücklicher machen. 

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Aussteller A Eins Business Intelligence GmbH präsentiert seine Plattform Open Business Hub mit App und ein verbessertes MITeinander 4.0 durch Foto: KR/technewable.com

Vorstellung "Open Business Hub"

Die A Eins Business Intelligence GmbH aus Wittlich sorgt mit ihrem „Open Business Hub“ für einen Plattformansatz, der auf einer datengesteuerten, KI-basierten Herangehensweise basiert. Dabei verfolgt das Unternehmen mit der Lösung einen B2B2C-Ansatz. Ihr Fokus liegt zudem auf der gesamten Wertschöpfungskette und folgt einem modularen Ansatz. In der Stadt Trier hat sich beispielsweise ihre App für Smart Cities bewährt. Dort haben sie eine Teilnahmequote von fast 70 Prozent erlangt. Die App stieß somit auf große Resonanz in der Bevölkerung. Mit ihren technologischen Lösungen möchte das Unternehmen das MITeinander 4.0 in der Mensch-zu-Mensch-Community stärken.

Aussteller pattr präsentiert Digitalisierungslösung für Kommunen und Stadtwerke, viele Besucher zeigen Interesse
Aussteller pattr präsentiert neueste Digitallösung für Kommunen und Stadtwerke auf der E-world energy & water 2025 Foto: KR/technewable.com

Vorstellung pattr

Den Fokus auf Akzeptanz und Beteiligung legt auch pattr. Sie haben neben ihren Digitalisierungslösungen für kommunale Energieversorger und ihrer Digitalisierungsplattform Deutschlands erste Stadtwerke Crowdinvesting-Plattform gestartet. Gemeinsam mit Crowdwerk launchten sie 2024 die BaFin-konforme Crowdinvesting-Plattform für die Stadtwerkebranche. Bereits innerhalb von kürzester Zeit, in nur fünf Tagen, erreichten sie die Zielmarke in Höhe von 360.000 Euro für das Finanzierungsprojekt. Das Investment dient der Finanzierung der PV-Anlage auf dem Dach des Neustädter Schwimmbades Balneon. Damit eröffnet sich eine Möglichkeit für die Beteiligung an Energiewende-Projekten in Kommunen, an denen Bürger:innen direkt partizipieren können. Nach Angabe von pattr können auch andere Stadtwerke in Deutschland diese als eine  White-Label Lösung nutzen. 

Fazit

Die Energiewende bringt neue Lösungen und Anwendungen hervor. Gestalter:innen und Macher:innen nutzten auch dieses Jahr die Möglichkeit diese auf der E-world energy & water Leitmesse vorzustellen. 980 Aussteller aus 34 Nationen, rund 33.000 Besucher:innen aus über 70 Nationen zählte der Messeveranstalter in diesem Jahr. Die Messe als Plattform und Community für die europäische und internationale Energiebranche wächst stabil weiter. Kommendes Jahr ist mit einem noch größeren und breiteren Angebot zu rechnen. Wir dürfen gespannt sein!  

Save the Date

Wer möchte, kann sich frühzeitig das Datum für die kommende E-world energy & water 2026 vormerken. Nächstes Jahr findet sie vom 10. bis 12. Februar 2026 in Essen statt.

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Dr. Katja Reisswig

Freie Redakteurin und Gründerin des Online-Magazins Technewable.com - spezialisiert auf digitale Kommunikation und Themen rund um die grüne Wirtschaft mit Fokus auf grüne Technologien, Innovationen, Lösungen und Anwendungen. Ihr Themenportfolio umfasst: Energie, Mobilität, Nachhaltigkeit, Digitalisierung & Transformation

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