Forschungsprojekt zur Wahrnehmung der Akzeptanz der Energiewende in der Öffentlichkeit
Wie ist es um die „Akzeptanz der Energiewende“ in der deutschen Bevölkerung bestellt? Dies war eine der zentralen Fragen, mit denen sich das interdisziplinäre Forschungsprojekt »KomMA-P | Akzeptanz der Energiewende stärken« in den vergangenen drei Jahren beschäftigte. Ziel des Projekts war es Beteiligungsformen für die Energiewende ausfindig zu machen, die eine breite Partizipation in der Bevölkerung unabhängig von finanziellem Engagement ermöglicht.
An dem Projekt (2013 – 2016) waren unterschiedliche Projektpartner aus Wissenschaft und Praxis beteiligt. Die Leitung des Projekts oblag beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Das Forschungsprojekt wurde im Verbund durchgeführt. Die einzelnen Forschungs- und Praxispartner fokussierten sich auf unterschiedliche Schwerpunkte bei der Untersuchung der Akzeptanz der Energiewende.
Umfrage zur Wahrnehmung unterschiedlicher Facetten der Energiewende
Von Mai bis Juni 2015 wurde im Rahmen des Projekts eine telefonische repräsentative Umfrage durchgeführt, bei der sich 2.009 Personen aus ganz Deutschland über ihre Wahrnehmung der Energiewende äußerten. Der Fragebogen deckte unterschiedliche Facetten der Energiewende ab. Erfragt wurden beispielsweise wie es um die Akzeptanzbedingungen unterschiedlicher Energietechnologien bestellt ist, welche Präferenzen für unterschiedliche Entwicklungsszenarien hinsichtlich der Energiewende es gibt, inwieweit eine Zahlungsbereitschaft für die Umsetzung der Energiewende vorhanden ist, handelnden Akteuren, wie beispielsweise Kommunen, Stadtwerken, Energieunternehmen oder der Bundesregierung vertraut wird sowie die Einschätzung von persönlichen Teilhabemöglichkeiten.
“Wo mehr Möglichkeiten zur Partizipation und Informationen bestehen, ist die Akzeptanz von Infrastruktur, Kosten und anderen Veränderungen im Rahmen der Energiewende größer.”
Zentrale Ergebnisse der Akzeptanz-Studie
Bei gut 29 Prozent der Befragten gab es Zuspruch und eine hohe Akzeptanz der Energiewende. Sie gelten als Befürworter der Energiende und stehen hinter ihr. Weitere 29 Prozent zeigten ebenfalls Zustimmung, jedoch nicht uneingeschränkt. Rund 27 Prozent lehnten die Energiewende ab bzw. standen ihr kritisch gegenüber. Was zu diesen unterschiedlichen Einstellungen und Wahrnehmung der Befragten führte, wollten die Wissenschaftler genauer wissen. Sie gingen den unterschiedlichen Einstellungen auf dem Grund.
Beeinflussende Faktoren für die Akzeptanz der Energiewende
Als beeinflussende Faktoren machten die Wissenschaftler*innen vier Dimensionen aus. Diese würden maßgeblich die Sichtweise und Wahrnehmung der Befragten auf die Energiewende bestimmen. Insgesamt zeigte sich eine konsistente Haltung bei den Befragten. Das heißt, sowohl bei den Befürwortern, wie auch bei den Kritikern gab es nachvollziehbare Argumentationen, die ein in sich stimmiges Bild ergaben.
Vier zentrale Faktoren, die Einfluss auf die Akzeptanz der Energiewende haben
1. Vertrauen
2. Nutzen-Risiko
3. Akzeptanz von Technologien
4. Fairness
Zu 1. Vertrauen
Vertrauen war ein entscheidendes Kriterium. Diejenigen, die ein hohes Vertrauen in Institutionen und gegenüber handelnden Akteuren hatten, waren der Energiewende deutlich positiver eingestellt, als diejenigen, die dieses den handelnden Akteruen nicht entgegen brachten. Damit vertrauten Befürworter der Energiewende den handelnden Akteuren weitaus mehr als ihre Kritiker. Somit schlug sich fehlendes Vertrauen in einer eher ablehnenden Haltung gegenüber der Energiewende nieder.
Zu 2. Nutzen-Risiko
Die Bewertung des Nutzens und die Einstätzung von Risiken bestimmten ebenfalls die Wahrenhmung bei den Befragten. Diejenigen, die den Nutzen der Energiewende positiv einschätzten, zeigten sich eher pro Energiewende eingestellt. Diejenigen, die ihre Risiken höher einschätzten, waren deutlich skeptischer gegenüber der Energiewende eingestellt. Somit ist die Bewertung von Nutzen und Risiko ebenfalls ein zentraler Aspekt bei der Akzeptanz der Energiewende.
Zu 3. Akzeptanz von Technologien
Auch in Bezug auf die Akzeptanz von erneuerbaren Technologien machten die Wissenschaftler deutliche Unterschiede bei den Befragten aus. Diejenigen, die sich gegenüber erneuerbaren Technologien aufgeschlossen zeigten, waren eher von der Umsetzung und Machbarkeit der Energiewende überzeugt, als diejenigen, die den erneuerbaren Technologien kritisch gegenüber eingestellt waren. Somit steht auch die Akzeptanz von erneuerbaren Technologien in unmittelbaren Zusammenhang mit der Akzeptanz der Energiewende.
Zu 4. Fairness
Ein entscheidendes Kriterium für die Akzeptanz der Energiewende ist die Frage der Wahrnehmung von Fairness. Bei den Kritikern der Energiewende wurde ein Mangel an Fairness deutlich stärker zum Ausdruck gebracht, als bei den Befürwortern.
Finanzielle Unterstützung für die Energiewende abhängig von fairer Kostenverteilung
Die Wissenschaftler der Akzeptanzstudie wollten ebenfalls wissen, wie es um die Zahlungsbereitschaft in der breiten Bevölkerung bestellt ist. Inwieweit sind die Menschen im Land bereit, sich finanziell an der Energiewende zu beteiligen? Als Resultat konnten sie feststellen, dass es eine breite Zahlungs- und Unterstützungsbereitschaft in der Bevölkerung gibt. Rund 47 Prozent der Befragten gaben an, die Energiewende mit einem Betrag von 50,- Euro und mehr im Jahr zu unterstützen. Sie würden demzufolge höhere Energiekosten in Kauf nehmen. Allerdings hing diese Zahlungsbereitschaft davon ab, dass die Kosten der Energiewende fair auf alle Schultern verteilt werden. Das heißt, Steuerzahler und Industrie gleich für die Kosten aufkommen. 29 Prozent der Befragten lehnten es ab, einen Mehrbetrag für die Umsetzung der Energiewende zu zahlen. Bei ihnen war keine Zahlungsbereitschaft vorhanden.
Fazit der Akzeptanz-Studie
Die Studie zeigt, dass Akzeptanz und Ablehnung der Energiewende in der Bevölkerung auf begründeten Einstellungen basiert. Sie kommt zu dem Schluss:
„Nur wenn Personen von der Sinnhaftigkeit des Energiesystemumbaus überzeugt sind, sind sie auch gewillt, einen gewissen Betrag freiwillig zu leisten, um diesen Umbau voran zu treiben. Insofern erscheint es ratsam, die genannten Dimensionen bei der Entwicklung von Maßnahmen in den drei Bereichen Information, Kommunikation und Partizipation besonders zu berücksichtigen.“
Die Akzeptanz der Energiewende ist somit kein Selbstläufer. Dort wo sich Akteure eingebunden fühlen, den Institutionen vertrauen und das Nutzen-Risiko Verhältnis positiv einschätzen, ist auch eine hohe Akzeptanz der Energiewende gegeben. Entscheidend ist ebenso die Wahrnehmung, wie fair es bei der Kostenverteilung der Transformation des Energiesystems zugeht. Werden Lasten einseitig auf die breite Bevölkerung übertragen, während einzelne Akteure vom Umbau maßgeblich profitieren, geht das zulasten der Akzeptanz der Energiewende.
Bei der Neugestaltung des Energiesystems kommt es damit insbesondere auf den Gestaltungsprozess an. Eine hohe Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung ist somit kein „Freifahrtschein“, sondern bedingt sich aus den genannten Faktoren Vertrauen, Nutzen-Risiko, Akzeptanz der Technologien und Fairness.
Wer für die Energiewende begeistern möchte und die Bevölkerung mitnehmen, muss für faire Bedingungen sorgen, Vertrauen herstellen und Akteure einbinden. Dies geht nur, wenn dafür entsprechende Grundlagen geschaffen werden, Menschen im Sinne einer “Bürgerenergiewende” partizipieren können und hier auf verschiedenen Wegen abgeholt werden. Die Studie formuliert Handlungsempfehlungen.
“Die Ergebnisse zeigen zudem, dass Stadtwerke und Kommunen als Vorreiter für die Beteiligung der Bürger an der Energiewende gesehen werden. Damit sie dieses Potential nutzen können, brauchen sie aber neue Kompetenzen, Strategien und Dienstleistungen.”
Hier geht’s zum ausführlichen Abschlussbericht des Verbund-Forschungsprojekts “Akzeptanz der Energiewende”