You are currently viewing Zentrale Aspekte der Sektorkopplung: Grüne Energie ganzheitlich genutzt

Zentrale Aspekte der Sektorkopplung: Grüne Energie ganzheitlich genutzt

Die Ausbaupfade für die Energiewende und Erneuerbaren Energien stehen fest. Die Weichen für den Ausbau wurden mit einer Reihe von Gesetzespaketen gestellt. Die technischen Lösungen stehen bereit, ebenso wie der Markt und die Geschäftsmodelle. Während der Energiesektor gut vorankommt und Fortschritte bei der Reduzierung von Kohlenstoffemissionen macht, hinken die Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie beim Klimaschutz und der Dekarbonisierung hinterher. Daher ist es an der Zeit, die Energiewende ganzheitlich zu betrachten und sich darüber zu verständigen, wie mehr grüne Energie auch in anderen Bereichen genutzt werden kann. Es geht also um die sektorenübergreifende Nutzung grüner Energie in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie.

Was bedeutet "Sektorkopplung"?

Und genau das ist gemeint, wenn von Sektorkopplung die Rede ist: Die klimafreundliche Nutzung erneuerbarer Energie in allen Wirtschaftsbereichen außerhalb des Stromsektors. Das Ziel ist auch diese Bereiche zu dekarbonisieren, indem fossile Energieträger durch regenerative ersetzt werden.  

Das dies technisch möglich und machbar ist, steht mittlerweile außer Frage. Die weltweit wachsende Zahl an Elektroautos und Wärmepumpen sind Beweis dafür. Doch bei der Sektorkopplung geht es um mehr als die Elektrifizierung. Es geht um die intelligente Vernetzung aller Sektoren mit Hilfe digitaler Technologien. Denn nur so kann eine effiziente Nutzung von Energie sichergestellt werden. 

Sektorkopplung ermöglicht eine Erhöhung der Systemeffizienz insgesamt. 

der nächste logische Schritt für die Transformation

Durch Sektorkopplung kann ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden, bei dem digitale Vernetzungs- und Automatisierungstechnologien eine entscheidende Rolle spielen. Ohne diese können weder die einzelnen Sektoren verknüpft werden, noch wäre eine intelligente Steuerung möglich. 

Vernetzungs- und Digitaltechnologien, wie IoT oder Maschinelles Lernen schaffen die Voraussetzung für die Verzahnung der einzelnen Sektoren und  sorgen so für Synergieeffekte. Damit der Verbrauch von Energie und Ressourcen sinkt und immer weniger Treibhausgasemissionen ausgestoßen werden. 

Damit liegt der Fokus bei der Sektorkopplung nicht allein auf der Erzeugung von Energie, sondern ebenso auf einem flexiblen, effizienten Verbrauch. Endnutzer:innen erhalten die Möglichkeit einerseits ihre eigenen Energieverbräuche kostenbewusster zu steuern und andererseits sauberen Strom auch in anderen Bereichen, wie Wärme, Kühlung oder Mobilität zu nutzen.  

So funktinoiert Sektorkopplung

Die folgenden Beispiele verdeutlichen, wie Sektorkopplung in den einzelnen Bereichen funktioniert:

Sektorkopplung: Gebäude

Erneuerbar erzeugte Energie im Gebäudebereich zu nutzen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß zu reduzieren, funktioniert zum Beispiel mit Hilfe von Wärmepumpen. Hier wird Strom effizient zum Heizen genutzt, denn Wärmepumpen haben einen deutlich höheren Wirkungsgrad als herkömmliche Heizungen. Das ermöglicht einen sparsamen Umgang mit Ressourcen. 

Zudem können die großen Wasserspeicher in Zukunft auch als Wärmespeicher genutzt werden. Außerdem gibt es heute bereits Wärmepumpen, die über Kühlfunktionen verfügen. Das erspart bei steigenden Temperaturen im Sommer unter Umständen den Einbau einer zusätzlichen Klimaanlage. 

Denn eine Wärmepumpe setzt auf dieselben Funktionsweisen wie der Kühlschrank, bei dem Kühlaggregate zum Einsatz kommen. Sowohl für den Betrieb des Kühlschranks als auch für die Nutzung einer Wärmepumpe kann der von einer Solaranlage erzeugte  Strom vom Dach verwendet werden.

Gut gedämmte Gebäude benötigen zudem weitaus weniger Energie zum Heizen und Kühlen. Wodurch der Energieverbrauch insgesamt sinken kann und weniger erneuerbarer Strom benötigt wird. Das kommt der Umwelt zugute und entlastet das Konto. 

Bei der effizienten Nutzung von Strom in Gebäuden helfen digitale Werkzeuge wie steuerbare Geräte, Apps und Energiemanager. Sie unterstützen beim Energiesparen, da sie helfen Energie flexibel und kostengünstig zu nutzen, indem sie beispielsweise Stromerzeugung und Verbräuche transparent machen oder automatisiert steuern.

Sektorkopplung: Verkehr

Die Nutzung von Strom im Verkehrssektor ist im Grunde auch nicht neu. Seit es Hochgeschwindigkeitszüge, wie den ICE, Straßenbahnen, S- und U-Bahnen gibt. Neu hingegen ist, dass mit der Verkehrswende bzw. Antriebswende der Verkehr auf Straßen elektrifiziert wird und hier anstelle von Verbrennungstechnologien auf elektrische Antriebe gesetzt wird.

Das betrifft jedoch nicht nur den Pkw-Verkehr, sondern ebenso den Personen- und Güterverkehr. So fahren mittlerweile auch Busse und Lkws elektrisch auf Straßen und benötigen somit Strom, den sie von Ladepunkten beziehen. Tank und Benzinmotor haben in dem Fall ausgedient. Anstelle von flüssigen Kraftstoffen, wie Benzin und Diesel wird eine Batterie geladen, die den Elektromotor effizient mit Strom versorgt. Das funktioniert im Prinzip nicht viel anders, wie das Laden eines Smartphones oder Tablets. 

Einziger Unterschied ist, dass die Batterie deutlich größer ist und mehr Strom benötigt. Dafür kann sie jedoch auch als Stromspeicher dienen und so wieder einen Beitrag zur Dekarbonisierung im Gebäudebereich leisten. Zumindest dann, wenn bidirektionales Laden möglich wird. Dann nimmt die Batterie im Fahrzeug nicht nur Strom aus dem Netz auf, sondern kann diesen zwischengespeicherten Strom bei Bedarf auch wieder an das Gebäude abgeben.  

Da sinkende Modul- und Installationskosten die Erzeugung von grünen Strom immer günstiger machen, wird auch das elektrische Tanken immer günstiger. Hat sich z.B. die eigene PV-Anlage erstmal nach Anschaffung amortisiert, kann sogar kostenlos mit Solarstrom getankt werden.

Damit sinken nicht nur die Betriebskosten von elektrisch betriebenen Fahrzeugen. E-Pkws weisen eine bessere Ökobilanz auf und verfügen über eine effiziente Technik. Der Trend zur E-Mobilität wird sich daher kaum aufhalten lassen, sofern es keine massiven Markteingriffe gibt. 

Wenngleich sich die Transformation zur Elektromobilität nicht von heute auf morgen vollziehen wird. Schließlich handelt es sich um ein ziemlich großes Infrastrukturprojekt, an dem eine Vielzahl verschiedener Stakeholder und Akteure beteiligt ist. 

Sektorkopplung: Industrie

Besonders viel Energie wird zur Herstellung industrieller Erzeugnisse benötigt. Dazu zählt zum Beispiel die Erzeugung von Werkstoffen, wie Stahl, Beton, Keramik oder Kunststoffen. Ebenso gehört die Produktion von Fahrzeugen, Maschinen, Werkzeuge, Elektronik- und Haushaltsgeräte, Textilien, Lebensmittel und Getränke dazu. Alles was heute als “Massenprodukt” verkauft wird, hat seinen Ursprung in einer Fabrik und wurde maschinell mit viel Energie erzeugt.  

Die Sektorkopplung hilft auch diesen Bereich zu dekarbonisieren und deutlich weniger Luftschadstoffe in die Umgebung abzugeben, indem sie erneuerbare Energie effizient nutzt oder bereits vorhandene Energiequellen einbindet, wie z.B. Abwärme aus Industrieproduktionsprozessen. Damit sind auch Industriebetriebe immer weniger auf fossile Energieträger zur Energieversorgung für ihre Produktion angewiesen. 

Doch auch hier funktioniert die Umstellung nicht ohne den Einsatz digitaler Technologien. Denn eine Nutzung von grüner Energie und die Dekarbonisierung gehen mit der Industrie 4.0 Hand in Hand. Gemeint ist auch hier die digitale Vernetzung der gesamten Wertschöpfungskette. Somit werden die einzelnen Komponenten der industriellen Prozesskette intelligent vernetzt und bringt eine Automatisierung Einspar- und Synergieeffekte mit sich.    

Im Zuge einer Umstellung auf erneuerbare Energien bietet sich an, im Rahmen einer CO2-Bilanz auch weitere Faktoren einzubeziehen. Dazu zählt die Lieferkette genauso wie der Einsatz neuer umweltfreundlicher Materialien, Verfahren und Techniken. Ebenso wie die Umstellung von Produktionsprozessen und die demokratische Einbindung von Mitarbeiter:innen. Durch die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft können Prozesse etabliert werden, die dauerhaft für geringe Energie- und Ressourcenverbräuche sorgen, Kosten reduzieren und der Umwelt zugute kommen.  

Power-to-X Technologien im Einsatz für die Sektorkopplung

Ein weiteres zentrales Element der Sektorkopplung ist die Nutzung von Power-to-X-Technologien. Durch diese kann elektrische Energie in andere Energieformen und -träger umgewandelt werden. Da die Umwandlung von Energie in der Regel mit hohen Energieverlusten einhergeht, liegt der Fokus auf der Nutzung von überschüssigen Strom aus regenerativen Energiequellen. Das ist beispielsweise der Strom, der weder direkt verbraucht noch ins Stromnetz eingespeist werden kann. 

Der Strom kann in verschiedenen Powert-to-X Verfahren verwendet werden. Je nach Verwendungszweck kann aus ihm Wasserstoff, Methangas, flüssige Treibstoffe, Wärme oder chemische Produkte erzeugt werden. Bereits heute sind vielfältige Energieumwandlungsverfahren im Einsatz, bei denen bislang jedoch Strom aus fossilen Energiequellen umgewandelt wird. 

So wird beispielsweise grauer Wasserstoff für die industrielle Produktion aus fossilen Quellen erzeugt. Grün ist der Wasserstoff, wenn hierfür erneuerbare Energien verwendet wurden. Welche Energieform für die Erzeugung für den Wasserstoff genutzt wird, hat keinen Einfluss auf die Qualität des Wasserstoffs. Es hat jedoch Einfluss auf Umwelt und Klima, was den Unterschied letztendlich bestimmt.  

Verschiedene Power-to-X Verfahren

Power-to-X Verfahren, die eine Speicherung von Strom und Umwandlung in transportierbare Energieträger ermöglichen, sind:  

  • Power-to-Heat: Umwandlung von Strom in Wärme
  • Power-to-Gas: Umwandlung von Strom in Gase, wie Wasserstoff oder Methan
  • Power-to-Mobility: Umwandlung von Strom in flüssige Kraftstoffe, wie synthetische Treibstoffe  
  • Power-to-Chemicals: Umwandlung von Strom in chemische Produkte für den Einsatz in der Industrie

Durch die Power-to-X Verfahren gibt es vielfältige Möglichkeiten Strom aus erneuerbaren Energiequellen wirtschaftlich zu nutzen. Hierfür braucht es jedoch eine entsprechende Infrastruktur, einen Markt und eine Regulatorik.

Da die direkte Nutzung des Stroms in der Regel wirtschaftlicher ist, lohnt sich der Einsatz von Power-to-X vor allem für die Bereiche, in denen eine Elektrifizierung mit größeren Herausforderungen verbunden oder schlichtweg ausgeschlossen ist. 

Anwendungen von Power-to-X

Power-to-X kann somit einen bedeutenden Beitrag für die ganzheitliche Energiewende in allen Sektoren und ebenso bei der Dekarbonisierung wertvolle Dienste leisten. 

PtX-Technologien eignen sich für industrielle Zwecke, im Mobilitätsbereich für den Schiffs- und Flugverkehr oder als Ersatz fossiler Rohstoffe und Energieträger. Damit spielt Power-to-X eine wichtige Rolle bei der Sektorkopplung und Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft. 

Fazit

Wie gezeigt, kann grüner Strom durch Sektorkopplung direkt oder durch Umwandlungsprozesse in allen Sektoren genutzt werden. Damit ist eine Dekarbonisierung und ein Umstieg auf saubere Energiequellen nicht nur theoretisch möglich, sondern auch machbar. Alle Technologien, die hierfür benötigt werden, sind erprobt und verfügbar.

Dr. Katja Reisswig

Freie Redakteurin und Gründerin des Online-Magazins Technewable.com - spezialisiert auf digitale Kommunikation und Themen rund um die grüne Wirtschaft mit Fokus auf grüne Technologien, Innovationen, Lösungen und Anwendungen. Ihr Themenportfolio umfasst: Energie, Mobilität, Nachhaltigkeit, Digitalisierung & Transformation

Leave a Reply