Digitale Energiewende in Kommunen: Digitale Zähler, Mieterstrom, LoRaWAN und IoT
Eine von SmartGridsBW und Netze BW organisierte Live-Exkursion führte uns am 25. August 2022 zu drei verschiedenen Orten in Baden-Württemberg: Plüderhausen, Weinstadt und Magstadt im Umkreis von Stuttgart. Die Roadshow gab Einblicke zum Stand der digitalen Energiewende: Wie mithilfe moderner Messtechnik – digitalen Zählern, smarten Energiemanagementsystemen, LoRaWAN Netzwerktechnik, Mieterstrom und dem Internet der Dinge (kurz IoT) – sie in Gemeinden in die Praxis umgesetzt wird.
An der Exkursion beteiligt waren 20 Personen, darunter Vertreter:innen von SmartGridsBW und Netze BW, des Umweltministeriums sowie die Energieblogger:innen – namentlich Andreas Kühl von energynet.de und ich, Katja Reisswig von Technewable.com. Der folgende Beitrag ist ein Bericht zur Live-Exkursion und ein weiterer Beitrag im Rahmen einer von SmartGridsBW initiierten Bloggertour.
Herzlichen Dank für die erneute Einladung, die mir wieder einmal tiefgehende Einblicke in die Praxis und Umsetzung von Projekten verschaffte. Bereits 2016 hatte ich im Rahmen der ersten Bloggertour zum Thema Smart Grids Gelegenheit dazu. Und auch 2018 gab es eine Roadshow, die zu Orten der integrierten Energiewende führte. Meine Einblicke aus den beiden voran gegangenen SmartGridsBW Bloggertouren sind den folgenden beiden Berichten zu finden:
Smart Grids – Intelligente Stromnetze auf dem Weg zur Realität
Integrierte Energiewende live erlebt bei der Smart Grids BW – Bloggertour 2018
Mein Erfahrungsbericht zur diesjährigen Bloggertour folgt hier …
Drei Stationen: Plüderhausen, Weinstadt, Magstadt geben Einblicke in Praxisprojekte der digitalen Energiewende
Um 8:30 Uhr starteten wir vom Treffpunkt: Haltestelle Stuttgart-Neckarpark. Mit fünf Elektroautos aus dem Bestand der EnBW E-Fahrzeugflotte fuhren wir nach Plüderhausen.
Erste Station Plüderhausen: Transparenz bei den Verbräuchen
Die rund 10.000 Einwohner umfassende Gemeinde liegt etwa 35 Kilometer östlich von Stuttgart. Empfangen wurden wir hier vom Bürgermeister Benjamin Treiber und Andreas Fichter, Mitarbeiter des Hochbauamts. Wir erfuhren, dass rund um das Rathaus intelligente Messtechnik im Einsatz ist. Diese hilft der Gemeinde ihre Energie- und Wasserverbräuche in einzelnen öffentlichen Gebäuden, wie Rathaus, Schule und Feuerwehr transparent zu machen. Dazu setzt die Gemeinde sogenannte LoRa-Zähler – eine batteriebetriebene Funktechnik – ein.
Über sie können tagesaktuell Zählerstände und damit Verbräuche ausgelesen werden. Der Verbau der digitalen Zähler geschah im Rahmen eines öffentlich geförderten Projektes „KEM“ – KEM steht für „Kommunales Energiemanagement“. Die Mittel stammten aus dem baden-württembergischen Landesförderprogramm „Klimaschutz Plus“.
Nur mit dem Erheben der Verbrauchsdaten über die digitalen Zähler ist die Arbeit nicht getan. Damit diese auch ausgewertet und visualisiert werden können, braucht es eine Anbindung an ein Software-Portal. Dieses Portal stellt die Netze BW bereit. In dieses erhielten wir ebenfalls Einblicke, nachdem wir uns in den Keller der Schule und Feuerwehr die digitalen Zähler angeschaut hatten.
Datenaustausch im lokalen Umfeld
Wir erfuhren, welche Funktionen das Portal abdeckt, wie die Daten erhoben und zu welchen Zwecken sie genutzt werden. Den bidirektionalen Datenaustausch ermöglicht ein Gateway, welches die Daten zum Portal sendet. Dabei kommt ein sogenanntes LoRaWAN Netzwerk – englisch „Long Rage Wide Area Network“ – zum Einsatz.
Bei LoRaWAN handelt es sich um ein funkbasiertes Netzwerk. Mit ihm können Daten auch über große Entfernungen sicher und energieeffizient übertragen werden. Denn die LoRa-Zähler sind batteriebetrieben und verbrauchen sehr wenig Energie. Sie sind zudem langlebig und halten viele Jahre, ohne dass ein Austausch nötig wäre.
Die LoRaWAN Technik kann ohne anfallende Mobilkosten genutzt werden. LoRaWAN ist ein Netzwerk, bestehend aus Sendern, Empfänger und Server. Der Austausch von Daten erfolgt hier nahtlos und ohne aufwändige Installation. Möglich macht es die geringe Datenbandbreite mit großer Reichweite. Dadurch ist LoRaWAN ideal geeignet, Objekte und im Fall von Plüderhausen Gebäude zu einem Internet der Dinge – Internet of Things, kurz IoT – zu verbinden. Hierzu wurde ein Gateway auf dem Dach des Rathauses in Plüderhausen installiert.
Über dieses erfolgt die Vernetzung und bidirektionale Datenübertragung. So gelangen die tagesaktuellen Energie- und Verbrauchsdaten der Feuerwehr- und Schulgebäude in Plüderhausen in ein Energiemanagementsystem. Hier sind sie über ein Portal einsehbar und abrufbar. Alle Funktionen werden in einem Dashboard in Form von Kacheln angezeigt und visualisiert, was dank des Einsatzes Smart Meter erst möglich ist. Die einzelnen kommunalen Gebäude können so gezielt angesteuert und ihre Verbräuche aufgezeigt werden. Ebenso gibt es automatisierte Steuerungsfunktionen, die ein Einfluss nehmen auf die Verbräuche aus der Ferne ermöglichen.
Transparenz und mögliche Einspareffekte
Somit gibt das Energiemangementsystem Aufschluss über die Höhe der Verbräuche. Es zeigt Einsparpotenziale auf. So sind durch ein gezieltes Eingreifen und Gegensteuern Einsparungen möglich. Diese fallen umso größer aus, wenn die Energiesparmaßnahmen gebündelt und die Anpassungen aufeinander abgestimmt erfolgen. So werden zum Beispiel die Räume einer Kita in Plüderhausen nur noch beheizt, solange sie auch genutzt werden.
Am Abend und über Nacht wird die Heizung heruntergefahren. Sie nimmt ihren Betrieb wieder in den frühen Morgenstunden auf. Das vermeidet das unnötige Beheizen von Räumen. Zugleich ist eine verlässliche Wärmeversorgung der Kita garantiert. Dadurch spart die Gemeinde Energie und verringert die Heizkosten.
Zudem lassen sich die Heizungen aus der Ferne ansteuern. Dadurch können Räume unterschiedlich beheizt werden. Temperatureinstellungen sind vor Ort immer noch machbar, jedoch auf 1 bis 2 Grad Abweichung von der Voreinstellung begrenzt. Flure, Abstellräume, Sport- und Turnräume werden weniger beheizt.
Nutzer:innen mitnehmen
Wie hoch die Einsparungen sind, ließe sich zurzeit noch nicht genau beziffern. Dazu war der Zeitraum zu kurz, seitdem die neue digitale Messtechnik verbaut worden ist. Außerdem hatte die Corona-Pandemie Auswirkungen auf die Datenlage. Hier bräuchte es, laut Andreas Fichter, noch Vergleichszeiträume, um konkrete Aussagen machen zu können.
Was den Erfolg und Nutzen der Technik jedoch mitbestimme, sei nicht nur die Technik allein. Vielmehr müssen auch die Nutzer:innen ein Verständnis von der Technik bekommen. Sie mitzunehmen, zu informieren und zu sensibilisieren, gehörten ebenso zur Aufgabe, bevor die intelligente Messtechnik in Kommunen verbaut werde. Ebenso bräuchte es geschultes Verwaltungspersonal.
Schulungsprogramm als fester Bestandteil des Energiemanagementsystems
Der Umgang mit digitalen Zählern und dem Portal wurde daher von Anbeginn mitgedacht und über ein Schulungsprogramm – KEM-Campus – abgefangen. Dieses erleichtere auch neuen Mitarbeiter:innen der Gemeindeverwaltung den Zugang und Einstieg in das System. Sie erhalten darüber eine einführende Schulung. Zugleich gibt es fortlaufend weiterführende Schulungen für die Gemeindemitarbeitenden.
Auch wenn zu Beginn etwas mehr Aufwand mit der Umstellung verbunden ist, bringt die Umstellung etliche Vorteile mit sich. So entfielen das aufwendige Anlegen und Pflegen von meist unübersichtlichen Excel-Tabellen. Denn die Datenpflege, der Datenabgleich und die Datenkontrolle erfolgten fortan in einem System. Auf dieses erhalten Verwaltungsangestellte der Gemeinde Zugriff. Das ermögliche auch mehr Transparenz bei den Arbeitsvorgängen.
Bestimmte Abläufe können so besser nachvollzogen werden. Über den Abgleich von Jahres- mit Monatswerten können zudem Unstimmigkeiten aufgedeckt und behoben werden. Außerdem sind Gemeinden verpflichtet, jährlich Energieberichte zu erstellen und diese bei der Landesenergieagentur KEA einzureichen. Diese können ebenfalls über das Energiemanagementsystem erstellt werden. Auch hier entfallen Word-Dokumente und Unterlagen können zentral an einem Ort hinterlegt werden.
Learnings
Somit unterstützen die digitalen Zähler und das angekoppelte Energiemanagementsystem die Gemeinde Plüderhausen beim sparsamen Umgang mit Energie. Es entsteht mehr Transparenz bei den kommunalen Energie- und Ressourcenverbräuchen und weckt ein neues Energiebewusstsein.
So können nicht nur Verbräuche besser nachvollzogen werden, sondern auch Vorgänge und Arbeitsabläufe. Ebenso lassen sich ungewöhnliche Verbräuche und Leckagen aufdecken sowie beheben. Heizungen lassen sich aus der Ferne steuern. Die Gemeinde erhält Hinweise für Einsparmöglichkeiten und bekommt Handlungsimpulse.
Jedoch braucht es einen geschulten Umgang mit der Technik und sind die Nutzer:innen einzubinden und mitzunehmen. Das sei ein wichtiger Garant für die Akzeptanz der digitalen Messtechnik und somit der digitalen Energiewende.
Das war der erste Teil. Die Berichte zur zweiten Station nach Weinstadt und der dritten Station Magstadt folgen …
Einen Rundum-Blick zu allen drei Stationen der Bloggertour in Baden-Württemberg gibt es hier auf energynet.de
Titelbild: Teilnehmer:innen der von SmartGrids BW und Netze BW organisierten Live-Exkursion 2022 – Foto: Paul Gärtner