Von Alexander Jauns
das Potenzial zur Wiederaufbereitung von IT-Hardware wird immer noch unterschätzt
Die Produktlebensdauer von IT-Geräten so lange wie möglich zu verlängern, hilft dabei, CO2-Emissionen erheblich zu reduzieren. Möglich wird das durch das sogenannte Refurbishment. Leider wird das Potenzial hinter dem Konzept aber noch von zu vielen Unternehmen unterschätzt. Dabei können schon ein paar Tipps entscheidend dabei helfen, dass Sie gute Erfahrungen mit der Wiederaufbereitung Ihrer IT-Hardware machen.
Warum sich Produktion, Nutzung und Abfallmanagement von IT-Geräten ändern müssen
Wissen Sie, wie viel des globalen Stroms allein bei der Produktion und der Nutzung digitaler Geräte verbraucht wird? Rund sechs bis zwölf Prozent. Das sagt zumindest der neue Digital Economy Report 2024 der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Ich finde, das ist eine ganze Menge – vor allem, wenn man bedenkt, dass insbesondere Entwicklungsländer die Rohstoffe für digitale Technologien zuliefern. Das heißt sie bekommen nicht nur die Umweltbelastungen in Folge des Rohstoffabbaus und des Energieverbrauchs zu spüren, sondern müssen auch mit dem digitalen Abfall umgehen, den sie von den Industrienationen zugeliefert bekommen.
Und das ist ziemlich viel. Im Jahr 2022 sind dem „The Global E-waste“-Monitor zufolge weltweit insgesamt 62 Millionen Tonnen Elektroschrott entstanden. Dazu zählt alles, was eine Batterie oder einen Stecker benötigt. Das heißt auch ausrangierte IT-Hardware wie Laptops, Smartphones & Co. trägt einen entscheidenden Teil zu diesem Müllberg bei. Dass diese Situation so auf Dauer nicht haltbar ist, liegt, denke ich, auf der Hand. Aber was lässt sich gegen den hohen Ressourcenverbrauch und die wachsende Abfallmenge unternehmen?
„Right to Repair“ als erster Schritt
Im April dieses Jahres hat die Europäische Union einen ersten Schritt unternommen. Konkret geht es um die sogenannte „Right to Repair“-Richtlinie, die vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde und die nun seit 1. Juli 2024 in Kraft ist. Das „Right to Repair“ soll es Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtern, ihre technischen Geräte reparieren zu lassen. Ist also beispielsweise ein Laptop kaputt, soll es in Zukunft unkompliziert möglich sein, vom Verkäufer entweder eine Reparatur oder den Austausch des Gerätes zu verlangen.
Die Richtlinie ist aus meiner Sicht auf jeden Fall eine wichtige Maßnahme, schließlich kann es nicht sein, dass man ansonsten quasi dazu gezwungen wird, schon bei einem kleinen Defekt gleich ein neues Gerät kaufen zu müssen. Eine allumfassende Lösung für die große Menge an Elektroschrott ist das „Right to Repair“ aber nicht. Zum Beispiel gilt die Richtlinie nicht für Geräte, die als „wasserdicht“ eingestuft werden. Dabei wiesen bereits einige Hersteller von Smartphones die Geräte als wasserdicht aus, was zur Folge hat, dass die Richtlinie schon jetzt relativ einfach umschifft werden kann.
Daneben gibt es noch viele weitere Aspekte, die das „Right to Repair“ in seiner bisherigen Fassung außenvorlässt. Das wäre an und für sich nicht so schlimm, wenn denn parallel dazu weitere Maßnahmen vorangetrieben würden. Denn letztlich ist es ohnehin naiv, zu glauben, dass eine solche Richtlinie schon der Heilsbringer für alle bestehenden Probleme mit Elektrogeräten im Allgemeinen und IT-Hardware im Speziellen ist. Leider wird das Potenzial anderer Lösungen aber noch längst nicht ausgeschöpft.
Potenzial von Refurbishment wird unterschätzt
Worauf ich hinaus will, ist zum Beispiel die Möglichkeit, ausrangierte IT-Hardware wieder so aufbereiten zu lassen, dass sie für einige Zeit problemlos weitergenutzt werden kann. Das Konzept dahinter heißt Refurbishment, also die professionelle und zertifizierte Wiederaufbereitung von gebrauchten IT-Geräten. Selbst jedes noch so kleine Unternehmen nutzt heutzutage in der Regel gleich mehrere IT-Geräte pro Mitarbeiter; von der Menge an Laptops und Smartphones bei Großkonzernen einmal ganz zu schweigen. Wenn all diese gebrauchten IT-Geräte nach einer gewissen Nutzungsdauer wieder so hergerichtet werden, dass sie quasi „wie neu“ sind, erhöht das die Produktlebensdauer um ein Vielfaches. Und das spart wiederum eine große Menge an Ressourcen bei der Produktion von neuer IT-Hardware.
Leider wird dieses Potenzial für die Kreislaufwirtschaft aber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Viele Unternehmen tauschen ihre IT-Geräte im Schnitt alle drei bis fünf Jahre durch neue aus und lassen ihre gebrauchte IT-Hardware stattdessen vollständig vernichten. Die Gründe dafür sind vielseitig und reichen von Compliance-Gründen bis hin zu mangelndem Wissen über den Refurbishment-Prozess. So sitzen beispielsweise viele Unternehmen noch immer dem Irrglauben auf, Daten könnten nicht revisionssicher gelöscht werden. Das ist aber einfach falsch. Denn eine nach ISO 27001 zertifizierte Datenlöschung ist zu 100 Prozent verlässlich; sämtliche Daten werden dabei revisionssicher gelöscht.
Tipps für ein erfolgreiches Refurbishment
Wie also kann es gelingen, dass mehr Unternehmen nachhaltig mit ihrer gebrauchten IT-Hardware umgehen? Indem es erstens mehr Aufklärung zum Thema Refurbishment gibt, indem Unternehmen zweitens bei der Wiederaufbereitung ein paar wenige Aspekte beachten und so sichergestellt wird, dass sie eine positive Erfahrung beim Refurbishment-Prozess machen, und indem drittens ein grundsätzliches Umdenken in Unternehmen mit Blick auf ihre Wirtschaftsweise stattfindet.
Was den ersten Punkt angeht, so können bereits Gastartikel dieser Art etwas Positives bewirken. Zum zweiten Punkt möchte ich Unternehmen gerne folgende Ratschläge an die Hand geben, worauf sie beim Refurbishment ihrer IT-Geräte achten sollten:
- Das Refurbishment-Unternehmen sollte ISO-zertifiziert sein. Nur mit diesem Branchenstandard kann sichergestellt werden, dass die Wiederaufbereitung der IT-Assets qualitativ auch tatsächlich immer so durchgeführt wird, wie sie sollte.
- Unternehmen sollten eine maximale Transparenz von ihrem Abnehmer einfordern. IT-Hardware ist ein sensibles Gut, das nicht leichtfertig aus der Hand gegeben werden sollte.
- Wann immer es möglich ist, sollten Unternehmen einen Lieferantenaudit durchführen; also tatsächlich zum Anbieter fahren und sich den Refurbishment-Prozess ansehen.
Darüber hinaus sollten Unternehmen meiner Meinung nach umdenken – nämlich weg von einer linearen Wirtschaftsweise, die rein auf Produktion und Entsorgung ausgelegt ist, hin zu einer zirkulären Wirtschaftsweise. Das Refurbishment von ausrangierten IT-Geräten zahlt genau darauf ein, denn durch die Wiederaufbereitung der Hardware wird gezielt eine bewusstere Konsumkultur in Unternehmen gestärkt. Hier sollten wir ansetzen und die Chancen nutzen, die uns schon heute zur Verfügung stehen.
Über den Autor
Alexander Jauns ist Geschäftsführer der Green IT Solution GmbH, einem IT-Dienstleister aus Inning am Ammersee, der Unternehmen ganzheitlich bei ihrem Umgang mit gebrauchter IT-Hardware unterstützt.