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KI-gestütztes Geo-Fencing für den Güterverkehr

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Text: Dr. Olaf Radant und Philipp Pytel

KI im Güterverkehr: Wie Geo-Fencing nachhaltiges Wirtschaften im Verkehrssektor unterstützt

Die transformative Kraft Künstlicher Intelligenz (KI) entfaltet sich in immer mehr Branchen und Industrien. In der Finanz- und Pharmabranche, der Automobil- und Bauindustrie, in kritischen Infrastrukturbereichen wie dem Gesundheitswesen, dem Energiesektor und dem Güterverkehr hat die neue Technologie bereits transformative Prozesse eingeleitet. Datengetriebene KI-Modelle unterstützen beispielsweise bei der strategischen Unternehmensplanung oder helfen dabei, neue innovative Lösungsansätze zu identifizieren. Solche Anwendungen bergen ein großes Potenzial für die hinsichtlich der Klimakrise dringend erforderliche Nachhaltigkeit. So ermöglichen es intelligente KI-Algorithmen, existierende Prozesse so weit zu optimieren, dass bestehende Kapazitäten voll ausgeschöpft werden und verantwortungsvoller gewirtschaftet wird.

Die Politik hat den gesamtgesellschaftlichen Nutzen erkannt, den die Technologie stiften kann. Regierungsinitiativen wie die Plattform Industrie 4.0 der Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz und für Bildung und Forschung unterstützen und fördern diese Transformationen aktiv. Denn Deutschland kämpft seit Jahren mit Problemen der Digitalisierung in verschiedenen kritischen Infrastrukturbereichen. Im Verkehrssektor beispielweise laufen viele Prozesse nach wie vor manuell ab – sie sind dadurch langsam, fehleranfällig und unzuverlässig. Dies bremst wiederum die grüne Transformation der Wirtschaft, bei der der Verkehrssektor eine Schlüsselrolle einnimmt. KI kann hier gezielt eingesetzt werden, um Prozesse zu automatisieren, zu verbessern sowie die Modernisierung und Digitalisierung von kritischen Infrastrukturprozessen einzuleiten.

Praxisbeispiel: VABE-Projekt von DB Cargo, Eisenbahnbundesamt und Eraneos

Wie die Transformation praktisch gelingt und welche Hebelwirkung sie für eine nachhaltige Wirtschaft entfaltet, zeigt ein gemeinsames Projekt für den Schienengüterverkehr des Eisenbahnbundesamts, der DB Cargo AG und der Unternehmensberatung Eraneos: das VABE-Projekt, das im Rahmen des „Wagon Intelligence“ Programms realisiert wurde. 

VABE steht für Value Added Business Events. Als Anbieter für Schienengüterverkehr spielt die DB Cargo eine wichtige Rolle bei der Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. In der Projektbeschreibung heißt es: „Die DB Cargo nimmt bei der Ausrüstung der Güterwagenflotte mit Telematik und Sensorik eine Vorreiterrolle unter den Eisenbahnverkehrsunternehmen ein. Eine Erweiterung der bisher bereitgestellten Anwendungen und die Erprobung innovativer, digitaler Produkte ist essenziell, um auch gegenüber Logistikketten auf der Straße (LKW) im Wettbewerb bestehen zu können.“ 

Abfahrts- und Ankunftsmeldungen erfolgten lange Zeit manuell durch die Mitarbeitenden vor Ort. Informationen über die Standorte der Wagen auf der Route wurden nur sehr spärlich und in einem Ausmaß übermittelt, welches eine digitale Steuerung der Flotte europaweit nicht möglich machte.

Wie im Personenverkehr treten hier viele unvorhergesehene Ereignisse auf, die punktuelle logistische Anpassungen erfordern, zum Beispiel Verspätungen oder Umleitungen. In der Vergangenheit wurden diese häufig nicht oder nur unzureichend systemseitig dokumentiert. In der Folge waren die Logistikketten sehr fehleranfällig.

Digitalisierung des Schienengüterverkehrs mit KI-gestütztem Geo-Fencing

Eraneos realisierte gemeinsam mit den Projektpartnern ein europaweites Geo-Fencing zur Digitalisierung des Schienengüterverkehrs. Diese wurden im Verlauf des Projektes mittels KI-Algorithmen weiter verfeinert, so dass Start- und Endbahnstellen und weitere Points-of-Interest (POIs), wie Grenzübergänge, hochpräzise abgebildet werden können. Im Rahmen eines cloudbasierten Internet-of-Things-Ansatzes kombinierten sie Sensordaten mit verschiedenen KI-Technologien. 

Die gesamte Güterwagenflotte der DB Cargo von über 63.000 Wagen wurde bis 2021 mit Telemetrie-Sensoren ausgestattet, um sie mithilfe von GPS-Daten zu tracken. Werden die GPS-Daten automatisch mit Auftrags- und Infrastrukturdaten verknüpft, lässt sich leicht nachvollziehen, ob der Wagen zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und welche auftragsbezogenen Events ausgelöst werden müssen. Die größten Vorteile sind die Geschwindigkeit der Informationsbereitstellung und die umfassende Transparenz: Unternehmenskunden haben ihre Transporte in Echtzeit in ganz Europa im Blick. Für viele ist es ein wichtiges Argument, dass die Kundenanwendung link2rail jetzt ein noch umfassenderes internationales Tracking ermöglicht und in Sachen Sendungsverfolgung zum Straßengüterverkehr aufschließt.

Unter Verwendung von modernen Clustering-Algorithmen, neuronalen Graph-Netzwerken und Satellitenbild-Analysen sowie anderer Datenquellen werden Geo-Fences erstellt. Sie ermöglichen es, Güterbahnhöfe im gesamten europäischen Raum hochauflösend zu kartieren, zu segmentieren und schließlich zu kategorisieren. In Kombination mit den GPS-Daten lassen sich dadurch VABE-Daten – also Ankunfts-, Abfahrts- oder Durchfahrtszeiten der einzelnen Güterwägen – exakt und automatisch dokumentieren. Dies ermöglicht eine effiziente Abstimmung der Transport-, Beladungs- und Entladungsabläufe. Ein automatisches und hochauflösendes Tracking des Schienengüterverkehrs im gesamten europäischen Raum hilft dabei, mehr Güter auf die Schiene zu bringen.

Die digitale Transformation als grüne Transformation

Mit Blick auf die weltweit deutlich spürbaren Klimaveränderungen rücken bei Digitalisierungsprojekten neben den wirtschaftlichen Vorteilen zunehmend ökologische Nachhaltigkeitseffekte in den Fokus. Das VABE-Projekt legt den Grundstein für die Reduktion von Emissionen und Energieverbrauch, die Ressourcenschonung, die Förderung der Kreislaufwirtschaft, hinsichtlich des Beitrages zur grünen Verkehrswende und der Transparenz durch datengetriebenes Tracking: Prozessoptimierung und -automatisierung reduzieren generell das Risiko von Leerfahrten oder ineffizienten Logistikrouten und verringern so den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen. Minimierte Fehler und optimierte Logistikketten tragen dazu bei, Energie, Material, Infrastruktur und Personal effizienter, nachhaltiger und verantwortungsvoll einzusetzen. Durch die Optimierung wird das Potenzial bereits etablierter Prozesse und Infrastrukturen voll ausgeschöpft, ohne neue Kapazitäten schaffen zu müssen. Dies steigert die Verkehrsleistung auf der Schiene.

Blaupause für verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen

Die VABE-Daten werden langfristig dabei helfen, Nachhaltigkeitsstrategien immer weiter zu optimieren. Denn erst das Tracking und Monitoring schafft eine umfassende Kontrolle und Transparenz über wirtschaftliche Prozesse. Mithilfe der gesammelten Daten kann das Unternehmen weitere Schwachstellen oder Optimierungspotenziale identifizieren und so seine Nachhaltigkeitsbilanz weiter verbessern. Der Schienengüterverkehr spielt eine Schlüsselrolle für die Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor. Das Praxisbeispiel zeigt, wie wirkungsvoll innovative KI-Technologien eine grüne Transformation in diesem Bereich beschleunigen. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit begünstigt dabei eine stärkere Verschiebung des Güterverkehrs von der Straße zur Schiene. Das kann wiederum Verkehrsstaus und damit verbundene CO2-Emissionen verringern.

Das Projekt kann als Blaupause für diverse andere Logistikbranchen dienen, um dort den verantwortungsvollen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen nachhaltig zu gestalten.

Disclaimer:

Dieser Artikel wurde aus Sicht von Eraneos verfasst und spiegelt nicht notwendigerweise die offizielle Strategie oder Position der DB Cargo AG wider. Alle Einschätzungen und Bewertungen beruhen auf den Erfahrungen und Analysen von Eraneos im Rahmen des gemeinsamen Projekts.

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Olaf Radant

Dr. Olaf Radant ist als Principal und Head of Leadership, Change & Organization bei Eraneos tätig. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der FHTW Berlin und promovierte an der Universidad Carlos III de Madrid über die strategische und kulturelle Entwicklung von Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf den demografischen/soziologischen Wandel und die Digitalisierung. Seine Arbeitsschwerpunkte bei Eraneos sind KI-Transformation, Organisationsentwicklung, New Work, Führung und Unternehmenstransformation.

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Philipp Pytel

Philipp Pytel ist Partner im Bereich Data & AI bei Eraneos sowie Geschäftsführer der Eraneos Analytics. Er verfügt über umfassende Erfahrung in internationalen Digitalisierungs-, Daten- und KI-Projekten. Dabei verantwortet er unter anderem Daten- und KI-Initiativen in der Transport- und Logistikbranche, einschließlich sämtlicher Projekte im Bahnsektor.

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